Forschungsprojekt Mobilität 2050 / Risikoansprache |
Wie ordnen sich nun die Szenarien „Gleitender Übergang“ und „Dynamische Anpassung“ ein? Wie plausibel sind die auf ihnen beruhenden Ergebnisse der Modellrechnungen? Optimisten mögen die Annahmen in den Szenarien für viel zu skeptisch halten, für Skeptiker sind die Annahmen überzogen optimistisch. Niemand kann die langfristige Entwicklung zuverlässig vorhersagen. Werden sich die Verhaltensmuster, die technischen und praktischen Möglichkeiten und Bedürfnisse künftiger Generationen nicht so stark von denjenigen der heutigen Generation unterscheiden, dass Zukunftsrechnungen reine Spekulation sind? Trotz – oder vielleicht wegen – der vielen Unsicherheiten und offenen Fragen, sind Szenarien sinnvoll. Sie sind als Entscheidungshilfe konzipiert und zeigen, in welche Richtung sich bestimmte Parameter – hier sind es Siedlungsstruktur und Mobilität – unter bestimmten Annahmen entwickeln. Szenarien, die Zukunftsrisiken berücksichtigen, erhöhen die in der Zukunft liegenden Chancen. Im Detail sind sicher viele Fragen gerechtfertigt. Ein großer Teil der im Jahr 2050 in Deutschland lebenden Menschen ist schon geboren. Viele Infrastrukturen und Gebäude werden im Jahr 2050 noch in Betrieb und nicht abgeschrieben sein. Daraus resultierende Effekte lassen sich sinnvoll abschätzen. Eine „Zunahme klimatischer Extremsituationen“ und die „Eskalation des internationalen Terrorismus“ [IFMO 2005] können zum Teil mit der Abbildung stark steigender Preise erfasst werden. Nicht konkret vorhersagen lassen sich Umbrüche und Trendbruchereignisse. Über die Frage, welches Wirtschaftswachstum bis zum Jahr 2050 realistischerweise unterstellt werden kann, lässt sich ebenso trefflich debattieren, wie über die Fragen, ob politische Entscheidungen getroffen werden, um die anhaltende Umverteilung von prosperierenden zu wirtschaftsschwachen Regionen zu beenden, oder ob die Bevölkerungsprognosen des Statistischen Bundesamtes eintreffen werden. Weder die technischen noch die übrigen verfügbaren Signale lassen eine eindeutige Entwicklung erkennen, wohin uns der technische Fortschritt bringen wird, ob die Qualitätsentwicklung die einzelnen Verkehrsträger gleichermaßen oder unterschiedlich treffen wird. Große Unsicherheiten bestehen hinsichtlich der politisch heiklen Fragen der Zuwanderung nach Deutschland und – vor allem – über die in der regionalisierten Bevölkerungsprognose des BBR zusätzlich unterstellten Binnenwanderungen in Deutschland. Welche Attraktivität und Aufnahmekapazität wird Deutschland für Zuwanderer in den nächsten Jahrzehnten haben? Wie werden sich heute vorhandene Wanderungsbewegungen zwischen den verschiedenen Regionen Deutschlands in Zukunft entwickeln? Welchen Einfluss haben auf Grund staatlicher Steuerung möglicherweise einsetzende überdurchschnittliche Wirtschaftsentwicklungen in heute strukturschwachen Regionen auf die Wanderungsbewegungen? Können wirtschaftliche Entwicklungen und sinkende Bodenpreise langfristig vielleicht zu einer Wanderung gerade junger Familien in heute schrumpfende Regionen führen? All diese Fragen – die mehr oder weniger auch die Typisierung in schrumpfende, mittlere und wachsende Regionen im Zusammenhang mit den Studien der Prognos AG und des Berlin-Instituts betrifft – werden über einen Zeithorizont von über 45 Jahren durchaus zu regional abweichenden Entwicklungen führen. Die hier durchgeführten Berechnungen sind jedoch keine Prognosen, sondern Szenarien, die Zukunftsbilder unter insgesamt schlüssigen Annahmen quantifizieren sollen. Insbesondere hinsichtlich zukünftiger Binnenwanderungen sind auch andere Entwicklungen denkbar und in Grenzen sicher auch politisch beeinflussbar. Abweichende Entwicklungen werden für die verschiedenen Regionstypen und vor allem für konkrete Räume quantitativ sicher zu (ggf. deutlich) unterschiedlichen Ergebnissen führen, bei mehr oder weniger starker Stabilität der deutschlandweiten Tendenzen. Aber genau dies – das Herbeiführen gewollter Entwicklungen in der Zukunft durch die Kenntnis der Zusammenhänge und der unter bestimmten Randbedingungen einsetzenden Entwicklungen – ist das definierte Ziel der Szenariobetrachtung. |